Mal wieder: Warum ich auf meinen Anwalt hören sollte.

Der Mandant soll zweimal ausgeteilt haben, einmal mit der flachen Hand (besser bekannt als Schelle), einmal mit der flachen Hand inklusive Faustschlag. Blöde Situation. Noch blöder, dass er schon 30 (!) Verurteilungen auf dem Konto hat. Immer Kleinzeug, in der Summe sorgte aber die 30ste Verurteilung zu einer Haftstrafe von drei Monaten ohne Bewährung. Auch hat er beide Taten jeweils kurz vor und nach dem Haftantritt begangen. Etwas, worauf Gerichte besonders allergisch reagieren, Stichwort: Rückfallgeschwindigkeit. Eine denkbar schlechte Ausgangsposition.

Nichtsdestotrotz habe ich mich intensiv mit dem Vorwurf beschäftigt, mit dem Mandanten ausführlich die Verteidigungsstrategie besprochen und habe es sogar geschafft dem zuständigen Gericht auf den Zahn zu fühlen, zu welchem Strafmaß die Reise hingehen soll. Es sah nicht gut aus.

Während der Hauptverhandlung habe ich es sogar geschafft, aus dem Faustschlag einen Schlag mit der flachen Hand zu zaubern. Immerhin, ein Faustschlag wird normalerweise mit 6 Monaten Freiheitsstrafe oder entsprechender Geldstrafe bestraft.

Am Horizont zeichnete sich sogar ein Hoffnungsschimmer ab. Ich konnte so überzeugend argumentieren, weshalb mein Mandant mit der Körperverletzung eine Ausnahmehandlung vorgenommen hat, dass er sich nunmehr glaubhaft bemüht, ein gesetzestreues Leben zu führen und eine erneute Haftstrafe seine Bemühungen zunichte machen würde. Jetzt hing alles am Mandanten. Bereits im Vorfeld haben wir miteinander besprochen, dass er sich entschuldigen und ernsthaft zeigen muss, dass ihm die Tat leid tut. Er hat mir versichert, dass es genau so ist und er es auch genau so sagen werde. Sogar während der Verhandlung habe ich ihn erneut darauf hingewiesen. Nur, was macht der Mandant? Plötzlich war von einer Entschuldigung keine Rede mehr, außerdem wäre eine leichte Schelle ja wohl kein Schlag mit der flachen Hand ins Gesicht. Beides Aussagen, die der Richter überhaupt nicht gerne hört.

So kam es, wie es kommen musste, das Urteil wurde verkündet:

4 Monate ohne Bewährung.

Wenig überraschend. Das Gericht hatte gar keine andere Wahl, wenn die Tat bewiesen ist und der Täter sich weiter uneinsichtig zeigt und seinen Schlag, der mindestens zu einer Schwellung geführt hat, als „Streicheln“ bezeichnet. Was wäre gewesen, hätte der Mandant auf mich gehört? Ich bin mir sicher, dass nochmal die Bewährung möglich gewesen wäre, das hat das Gericht nach meinen Ausführungen ziemlich deutlich gemacht. Einzig, er hätte auf mich hören müssen… Nur, wenn Mandant und Anwalt im Team arbeiten, kann am Ende ein gutes Ergebnis stehen.

Nun. Im Nachhinein tut es dem Mandanten leid, dass er nicht auf mich gehört hat. Was bleibt? Wir gehen jetzt in die zweite Runde und ich hoffe wirklich, dass er in der Berufung auf mich hören wird. Tut er es nicht, weiß er ja schon, auf was er sich einstellen kann. Vier Monate „Vollpension“…