Herr Wachtmeister, dürfen Sie das?!

Was genau darf die Polizei eigentlich? Welche Rechte und Pflichten haben Sie gegenüber der Polizei? Und wann dürfen Polizisten kontrollieren? Dies versuche ich im Folgenden überblicksweise darzustellen. Auf Grund der Vielzahl von möglichen Polizeibegegnungen folgt lediglich die Kontrolle im Auto und zu Fuß ohne Anfangsverdacht.

Zunächst mal sind die Befugnisse der Polizei in dem Strafgesetzbuch (StGB), der Strafprozessordnung (StPO) und den einzelnen Landesgesetzen (Polizeirecht) geregelt. Dazu gibt es weitere Regelungen, wie zum Beispiel für die Bundespolizei.jpeg-Polizei

Was also, wenn die Polizei jemanden zu Fuß antrifft und kontrolliert? Grundsätzlich muss der Kontrollierte nur seine Identität preisgeben (z.B. Art. 12 PAG), darunter Name, Vorname, Tag und Ort der Geburt, Wohnanschrift und Staatsangehörigkeit. Dies nur, wenn es für eine polizeiliche Aufgabe erforderlich ist, jedoch liegt in der Regel immer eine polizeiliche Aufgabe bei einer allgemeinen Identitätskontrolle vor. Ausnahmen davon gibt es praktisch nicht. Zu mehr hat die Polizei ohne Anfangsverdacht einer Straftat kein Recht. Auch für eine Durchsuchung besteht somit kein schrankenloses Recht. Sollte solch eine Durchsuchung vorgenommen werden, so muss der Polizist einen Anfangsverdacht vor der Durchsuchung haben, also den Verdacht, dass eine Straftat begangen worden sein könnte. Der Kontrollierte kann einer Durchsuchung immer widersprechen. Sobald er jedoch zustimmt, gibt er dem Polizisten das Recht zur Durchsuchung. Achtung: Auch Schweigen wird als Zustimmung gewertet!

Und wenn die Polizei eine allgemeine Verkehrskontrolle durchführt? Dies geht grundsätzlich ( § 36 Abs. 5 StVO), vor allem zur Kontrolle der Verkehrstüchtigkeit (Stichwort Alkohol am Steuer). Hierunter fällt eine Untersuchung des Fahrzeugs, wie zum Beispiel Licht, Beschädigungen oder ausreichende Profiltiefe der Reifen und die Kontrolle der Ausrüstung (Weste, Dreieck, Verbandskasten). Tipp: Wenn Sie diese im Fahrzeuginnenraum mitführen, besteht kein Grund, dass Ihr Kofferraum geöffnet werden darf. Eine Durchsuchung des Innenraums (einschließlich Kofferraum) ist grundsätzlich im Rahmen einer allgemeinen Verkehrskontrolle nicht erlaubt. Weiter muss der Fahrer seinen Führerschein und die Fahrzeugpapiere vorzeigen und Fahrer und eventuelle Mitfahrer müssen ihre Identität angeben, so wie oben. Zu einer weiteren Mitwirkung sind Sie nicht verpflichtet. Hierunter fällt auch der Atemalkoholtest, das Linienlaufen oder das Leuchten in die Augen. Es besteht keine Verpflichtung hieran teilzunehmen. Sie sollten sich vor Augen halten, dass diese Tests nicht Ihnen zu Gute kommen, sondern die Polizei hiermit einen eventuellen Verdacht erhärten will. Es gilt der Grundsatz, dass niemand sich selbst belasten muss und an seiner Überführung mitwirken muss. Anders ist es bei angeordneten Maßnahmen, wie zum Beispiel einer Blutentnahme. Sobald eine Anordnung besteht, müssen Sie die Maßnahme über sich ergehen lassen.

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass Sie keine Aussagen machen sollten. Geben Sie Antwort auf die Frage nach Ihrer Identität, hierzu sind Sie verpflichtet. Sie sollten bedenken, dass es schnell passieren kann, dass Sie „zu viel“ sagen und eine Straftat zugegeben haben ohne es zu wissen oder einen Bußgeldbescheid erhalten. Hiergegen lässt sich im Nachhinein nur schwer vorgehen. Spätestens wenn die Polizei Sie als Betroffener oder Beschuldigter über Ihre Rechte belehrt, sollten Sie sofort einen Anwalt Ihres Vertrauens anrufen und hinzuziehen, bevor Sie weitere Angaben zu Sache machen!

Abschließend gilt, dass Sie stets ruhig und sachlich bleiben sollten. Die Ihnen gegenüberstehenden Beamten machen auch „nur ihren Job“, hier ist Aggression wenig hilfreich. Und aus Erfahrung ist ein höfliches Wort immer hilfreicher, als Beleidigungen und Angriffe. Hierzu eine kleine Geschichte, die einst ein Kollege erzählte: Ein Anwalt aus dem Norden Deutschlands befuhr eine Autobahn in Bayern. Er war wohl vom Gesamterscheinungsbild für die kontrollierenden Polizisten der Marihuana-Szene zuzuordnen. Seine Rasta-Frisur und sein VW Bulli bestärkten diesen Eindruck. Die Polizisten „rochen“ hier einen Drogenkonsumenten und durchsuchten das Fahrzeug. Hiergegen wehrte sich der Anwalt, erst bei der Kontrolle, danach vor dem Verwaltungsgericht, welches ihm Recht gab und bestätigte, dass die „verdachtslose Durchsuchung“ rechtswidrig war. Mit dem Urteil in der Tasche befuhr der Anwalt erneut eine königlich bayerische Autobahn, erneut wurden Polizisten auf ihn aufmerksam (man erinnere sich an die wehenden Rasta-Locken aus dem Bulli-Fenster) und erneut durchsuchten sie sein Fahrzeug. Der Anwalt tobte bei der Kontrolle, wurde ausfällig und aggressiv, er hatte ja bereits ein Urteil, was ihm Recht gab. Dies half alles nichts, er wurde trotzdem durchsucht und ging erneut vor das Verwaltungsgericht – entsprechend siegessicher. Diesmal jedoch ging er mit wehenden Fahnen unter, denn die Verwaltungsrichter waren der Ansicht, dass die Polizisten nun, wegen des Auftretens und Verhaltens des Anwalts während der zweiten Kontrolle, durchaus einen begründeten Anfangsverdacht für ihre Maßnahme hatten. So scheiterte der Anwalt, weil er eben nicht ruhig und sachlich geblieben ist.

Der Freund am Armaturenbrett: Sind Dashcams zulässig?

Grundsätzlich gibt es keine gesetzliche Regelung, die den Einsatz von Kameras im Innenraum des Fahrzeuges erlaubt oder verbietet, um bei einem eventuell entstehenden Schaden als Beweismittel zu dienen.

Aus diesem Grund ist es lediglich möglich die aktuelle Rechtssprechung zu verfolgen, um die Argumente der einzelnen Gerichte bei deren Entscheidungen nachzuvollziehen. Dabei lässt sich mittlerweile eine leichte Tendenz erkennen, wozu Gerichte im Allgemeinen neigen:

Nach dem Datenschutzgesetz ist die Privat- und Intimsphäre geschützt. Daher ist es nicht einfach erlaubt eine Daueraufnahme mit der Dashcam durchzuführen und pauschal alles und alle zu filmen. Damit würde ein gravierender Eingriff in die Privatsphäre einzelner stattfinden, schließlich möchte man sich auch im Straßenverkehr frei bewegen, ohne unter permanenter Überwachung, vor allem durch Mitmenschen, zu stehen. Man muss bedenken, dass eine Überwachung immer ein schwerer Eingriff in die Privatsphäre ist. Stellt man sich jetzt noch vor, dass dieser Eingriff von Personen erfolgt, die nicht unter der Kontrolle des Gesetzes, wie zum Beispiel die Strafverfolgungsbehörden, stehen, kann man sich die Gefahr einer solchen Dauerüberwachung bewusst machen.

Die Gerichte lassen solch einen Eigriff unter bestimmten Umständen dennoch zu. Wichtig ist, dass dabei eine Einzelfallabwägung stattfindet und die Interessen der einzelnen Parteien sorgfältig gegeneinander abgewogen werden. Einige Bespiele aus den letzten Entscheidungen der Gerichte:

Ein geparktes Fahrzeug hatte die Kamera auf ein gegenüberliegenden Haus gerichtet und hatte als Auslöser einen Bewegungsmelder. Hierbei sollte Vandalismus mit den Aufnahmen verhindert oder leichter aufgeklärt werden. Die Hausbewohner klagten gegen diese Art von Dauerüberwachung und bekamen Recht. Abgewogen wurde das Interesse der Bewohner, nicht überwacht zu werden, mit dem Interesse an der Verfolgung von Vandalismus. Das Gericht sah hier einen deutlichen Verstoß gegen § 6 Abs. 1 des Bundesdatenschutzgesetz. Die Aufnahme war somit ordnungswidrig. (Landgericht  Memmingen vom 14.01.2016 (Az. 22 O 1983/13)).

In einer anderen Konstellation stand ein geparktes Fahrzeug mit einer Dashcam ausgestattet am Straßenrand und zeichnete damit vorbeifahrende Fahrzeuge auf. Unter anderem erwischte es auch ein Fahrzeug, das sechs Sekunden nach Beginn einer Rotlichtphase dennoch über die Ampel fuhr. In diesem Fall sagte das Gericht, dass die Aufnahmen zur Beweisverwertung zugelassen seien, da der Eingriff in die Privatsphäre des betroffenen Fahrzeugführers lediglich leicht verletzt war, im Vergleich zur Schwere des Vergehens, da die Ampel schon solch eine lange Zeit auf rot geschaltet hatte. Das Gericht war der Ansicht, dass durch die Art der Aufnahme nur Verkehrsvorgänge gefilmt werden und Fahrer erst über ihre Kennzeichen ermittelt werden müssten. Es werden damit lediglich Kennzeichen gefilmt, wodurch kein Eingriff in die Privats- und Intimsphäre vorläge (Oberlandesgericht Stuttgart vom 04.05.2016 (Az. 4 Ss 543/15)).

Abschließend hat das OLG Nürnberg in einem Hinweisbeschluss verkündet, dass es die Verwendung von Dashcam-Aufnahmen im Zivilprozess für zulässig erachtet, wenn der Unfallhergang nicht anders aufgeklärt werden kann. Das Interesse des Geschädigten an effektiven Rechtsschutz überwiegt das Persönlichkeitsinteresse des aufgezeichneten Fahrers. (OLG Nürnberg Hinweisbeschluss vom 10. August 2017, 13 U 851/17; Pressemitteilung 26 des OLG Nürnberg).

Nur einen Tag zuvor hat das Amtsgericht München hat entschieden, dass die Verwendung einer Dashcam-Aufnahme ordnungswidrig sei, wenn damit Beschädigungen am eigenen Auto aufgeklärt werden sollen. Die Nutzerin der Dashcam hatte bereits einen Schaden an ihrem Fahrzeug erlitten, bei welcher der Schädiger unentdeckt blieb. Sie stattete Ihr Auto mit Dashcams aus, welche nach vorne und hinten filmten. Als ihr Auto wieder beschädigt wurde, übergab sie die Aufnahmen an die Polizei. Doch statt den Täter zu ermitteln, bekam sie eine Geldbuße in Höhe von 150,00 € wegen Verstoßes gegen das Bundesdatenschutzgesetz. (AG München, Az. 1112 OWi 300 Js 121012/17) Dieses Urteil ist im Moment noch nicht rechtskräftig und man darf gespannt sein, ob dieses vor dem Hintergrund des Nürnberger Hinweises bestand haben wird.

Im Ergebnis lässt sich keine verbindliche Empfehlung aussprechen, da die Gerichte zur Zeit eine Einzelfallabwägung vornehmen. In jedem Fall unzulässig dürfte die Dauerüberwachung seiner Mitmenschen sein, also das ständige Filmen aus dem geparkten Fahrzeug und vor allem die Speicherung solcher Aufnahmen.